Wie ein eigenes Lebens-Statement dir helfen kann, einen roten Faden in dein Leben zu bekommen und deine Ziele niemals aus den Augen zu verlieren.
„Was ist das?“, fragt meine Schwester und deutet auf meinen Schreibtisch. Etwas versteckt, unter Quittungen, Einkaufszetteln und der nächsten Urlaubsplanung ragt mein Visualboard hervor, auch Visionstafel genannt. Normalerweise hängt sie im Arbeitszimmer über dem Bücherregal, da ich für das nächste Jahr einige meiner Ziele überarbeiten und darauf visuell verfestigen wollte, habe ich sie abgenommen.
„Das ist meine Visionstafel. Sie hängt sonst im Arbeitszimmer. Ist sie dir noch nie aufgefallen?“, frage ich zurück.
„Nein. Nicht so wirklich. Ich wusste zwar, dass da etwas hängt, aber ich habe nie so richtig darauf geachtet“, sagt sie und isst ihre Kürbissuppe sichtlich genüsslich zu Ende.
Ich erkläre ihr also, was es damit auf sich hat. Sie hat zahlreiche Rückfragen, etwa, was passiert, wenn sich die Ziele ändern oder was passiert, wenn sie sich nicht erfüllen. Sie möchte außerdem wissen, was es mit meinem persönlichen „Grundgesetz“ auf sich hat, das an der Tafel hängt.
„Das Grundgesetz zeigt meine 10 wichtigsten Lebensweisheiten oder Mottos, nach denen ich lebe, leben möchte und an die ich mich auch selbst immer gerne erinnere. Du kannst es auch „10 Gebote“ oder „Lebensstatement“ nennen, es gibt keinen festen Begriff. Ich bin Juristin. Für mich war Grundgesetz irgendwie griffig,“ sage ich. Sie nickt mit dem Kopf und bringt ihren leeren Teller in die Küche. Ich sehe, dass es in ihr arbeitet. Sie schiebt das Thema von links nach rechts, versucht es einzuordnen, die Gedanken rund um das Visionboard zu packen, wie ein Kind, das sich windet. Ich lasse sie ihre Gedanken alleine weiterverfolgen. Wer was zu fragen hat, wird schon fragen.
Am nächsten Morgen hänge ich die Visionstafel zurück an ihren Platz. Wie gesagt, einige meiner kurz- und langfristigen Ziele wurden überarbeitet. Jetzt fehlt nur noch ein wichtiger Schritt: die Ziele müssen mit einem Datum versehen werden, aber dazu muss ich mir noch einmal gesondert Gedanken machen. Mein persönliches Grundgesetz habe ich nicht angepackt. Alles, was dort steht, begleitet mich und meine Gedanken wie ein roter Faden durch mein Leben und muss nicht überarbeitet werden.
Worum geht es? Der rote Faden im Leben
Ich weiß nicht, wie viele Menschen sich die Frage stellen, warum sie hier sind oder was sie genau mit ihrem Leben anstellen wollen. Ich weiß auch nicht, wie viele Menschen da draußen sich ihr Leben aus der Vogelperspektive anschauen, dann in die nächsten 30 Jahre blicken und sich fragen, wie ihr eigenes Leben eigentlich ganz genau aussehen soll? Wie soll es konkret werden? Wie soll ich werden und welche Vorstellungen sollen mich dabei begleiten?
Man hört so vieles und sieht es nicht wirklich. Wenn wir es einfach geschehen lassen, rauscht die Welt wie ein Schnellzug mit seinen vorgefertigten Waggons an uns vorbei. Ein Abteil für den Job. Eines für den Feierabend. Ein Abteil für den Urlaub und eines für die Planung des Privatlebens. Fertig.
Es gibt Menschen, die kommen damit zu recht. Es gibt aber auch Menschen, die fühlen sich beunruhigt, überwältigt, überschwemmt von all dem Vorgefertigten, das eigentlich gar nicht ihr eigenes Leben ist. Dann packt sie der Mut, sie nehmen Dinge in die Hand und greifen nach den Sternen.
Völlig zu recht.
Und wenn wir nach den Sternen greifen, dann ist es wichtig, diese nicht wieder aus den Augen zu verlieren.
Den vorgefertigten Häppchen und vollgepackten Waggons der Anderen aus dem Weg zu gehen, ist nicht leicht.
Wenn man einen roten Faden hat, sein eigenes persönliches Grundgesetz, sein eigenes Mantra, kann dies dazu dienen, bei sich selbst zu bleiben.
Für die guten und auch die schlechten Tage
Die eigenen, persönlichen 10 Gebote können dabei helfen, die eigenen Ziele, Visionen und Glaubenssätze nicht zu vergessen. An guten Tagen pushen uns die eigenen Glaubenssätze mit immenser Kraft nach vorne, unterstützen uns im Flow und zeigen uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. An schlechten Tagen zaubern sie uns ein Lächeln ins Gesicht, sie stellen das Glas auf „halb voll“ und sie erinnern uns daran, dass auch diese Phasen vergehen werden.
Und so kann das aussehen
Mein persönliches Lebensmotto
Art. 1
Wer das Ziel nicht kennt, wird den Weg nicht finden
Ich bin davon überzeugt, dass klar definierte Ziele im Leben, egal, für welchen Lebensbereich, der Schlüssel zum persönlichen Wohlbefinden, zu Zufriedenheit und Glück sind. Wenn man sich Ziele setzt (einen Blogpost zu Zielen findet ihr hier) hat der Geist einen Anker, an dem er sich festhält, auf den er hinarbeiten kann. Dieser Anker gibt uns die Gelassenheit, das Leben drumm herum erst richtig genießen zu können. Die wenigsten Menschen machen sich die Mühe der Denkarbeit, ihr Leben einmal konkret zu durchdenken. Wer möchte ich sein? Wo möchte ich genau wohnen? Wann, zu welchem Zeitpunkt möchte ich das? Wie soll mein Leben aussehen, welche Rolle möchte ich darin spielen? Fragen, die meiner persönlichen Erfahrung nach dringend beantwortet gehören. Ansonsten reagiert man nur, auf die Dinge, die im Leben passieren, aber es fehlt der Anker.
Art. 2
Alles, was in mein Leben tritt, habe ich angezogen
Dieser Spruch soll mich an meine Verantwortung für mein eigenes Leben erinnern. Ich kann es nicht leiden, wenn Menschen anderen Menschen die Verantwortung für ihre Lebensumstände überhelfen. Oder wenn sie das Schicksal oder das Leben selbst für ihr Unglück verantwortlich machen. Oder wenn sie schlicht nicht für sich selbst verantwortlich sein wollen, sondern anderen diese Aufgabe übergeben. Dieser Satz soll mich daran erinnern, dass ich selbstverantwortlich lebe und handle und dass alles, was passiert, direkt oder indirekt auf mich zurückgeht.
Art. 3
Es ist genug von Allem für Alle da
Neid ist etwas Furchtbares. Er zerstört Freundschaften und Familien. Er ist verantwortlich für viele vergossene Tränen. Neid schafft es aber auch, Panik in uns zu schüren. Bewirbt man sich um einen Job und läuft man dabei dem Mitbewerber auf dem Flur über den Weg, so keimt fast automatisch Kampfeslust, aber auch Neid und Missgunst in uns auf.
Art. 3 soll mich daran erinnern, dass es in Wirklichkeit von Allem genug für Alle gibt. Dass die Güter auf dieser Erde unterschiedlich und ungerecht verteilt sind, ist ein anderes Thema.
Art. 4
Wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer
Ein Satz, der mir schon oft den nötigen Arschtritt versetzt hat, wenn ich ein Projekt vor mir hergeschoben habe. Parallel zu den Vorbereitungen für das zweite Staatsexamen habe ich bei einem renommierten Berliner Verlag zwei Bücher veröffentlicht. Es war eine Menge Arbeit, ich musste mich wirklich gut organisieren, um alles unter einen Hut zu bekommen, meine Verlagsfristen nicht zu verpassen und das juristische Staatsexamen mit einer ordentlichen Note zu bestehen. Immer wenn ich kurz davor war, irgendwo Abstriche machen zu wollen, eines der Projekte zu canceln oder zu verfristen, kam mir dieser Satz in den Kopf. „Wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer. Und der, macht es gut!“
Ich wollte mir meine Erfolge wirklich nicht von anderen nehmen lassen, denn Fakt ist: die Nachfolger und Verfolger stehen schon in den Startlöchern. Nachwuchsjuristen überfluten den Markt, Schriftsteller darf sich jeder nennen und Verlage tun nichts lieber, als von irgendwelchen Z-Promis reißerische Titel zu verlegen, die den Buchmarkt verstopfen.
Nun, packt man Art. 3 und Art. 4 zusammen, bleibt einem (oder mir) nichts Anderes übrig, als durchzuziehen. Und für diesen Gedanken bin ich sehr dankbar.
Art. 5
Das Festhalten an Altem ist mangelndes Vertrauen in die Zukunft
Ich weiß nicht mehr, wie ich zu diesem Glaubenssatz gekommen bin. Ich meine mich zu erinnern, dass es in unserer Familie zwei Ereignisse gab, die einiges auf den Kopf gestellt haben. Und nun hatten die Betroffenen die Wahl, wie sie damit umgehen möchten: Die einen steckten den Kopf in den Sand und lamentierten nur zu gerne über die Vergangenheit. Die anderen machten sich auf, neue Wege zu finden, die Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Ich meine, zu dieser Zeit hat mir meine kürzlich verstorbene Schwiegermutter, die ich von Herzen geliebt habe und jeden Tag in meinem Leben vermisse, ein Hörbuch geschenkt. Es hieß „Who moved my Cheese“. Es ist eine Parabel und handelt davon, wie wir mit Veränderungen umgehen. So kam Art. 5 zustande und „Who moved my Cheese“ kann ich für den nächsten Flug oder die nächste Autofahrt in den Urlaub jedem als Hörbuch empfehlen, auch Kinder verstehen die Geschichte und ihre Botschaft.
Art. 6
Mein Körper ist mein Tempel
Mein Körper und ich werden noch eine ganze Weile miteinander zu Recht kommen. Je länger er frisch und gesund und knackig ist, umso mehr Freude habe ich daran. Ich achte also darauf, ihn nicht mit lauter Blödsinn übermäßig zu strapazieren. Ich rauche nicht, Alkohol ist eine Seltenheit. Ich treibe 2-mal pro Woche Sport, fahre täglich mit dem Fahrrad zu Arbeit und versuche, mich ausgewogen zu ernähren. Trotzdem mag ich Süßigkeiten und ich esse auch wirklich gerne Blödsinn. Ich denke, das ist kein Problem, so lange ich ein Auge darauf habe, es nicht zu übertreiben. Art. 6 soll mich daran erinnern, dass ich ein Haltbarkeitsdatum auf dieser Erde habe. Je besser ich meinen Körper pflege, umso länger wird es mir gut gehen.
Art. 7
Erwachsen sein bedeutet, zu handeln und Konflikte sofort zu lösen
Ja, Konflikte zu bereinigen macht keinen Spaß. Umgehungsstrategien gibt es viele, manch einer wird da wahnsinnig kreativ. Mit Konflikten ist es nur so, dass sie immer größer werden, je länger man sie aufschiebt. Sie fressen sich in die Gedanken, schlagen einem auf den Magen und am Ende hat man einen riesigen Haufen, den man mühsam und umständlich abtragen muss.
Art. 8
Erfolg hat nichts mit Qualifikation zu tun. 90% sind Auftreten und Image
Ja, so ist es nun einmal. Befördert wird nicht, wer die besten Zeugnisse und Leistungen vorzeigen kann, sondern derjenige, von dem andere sich vorstellen können, mit ihm oder ihr gut zusammen arbeiten zu können. Wer das Zusammenspiel aus Socialising, Empathien schaffen, Skills zeigen, Netzwerken und sich Gehör verschaffen gut ausbalanciert hat, der bekommt den Job.
Dazu gehört auch „Dress for the Job you want, not for the Job you have!“
Art. 9
Wer aufgibt, gewinnt nie. Wer nie aufgibt, gewinnt.
Der Spruch ist nicht neu und dem einen oder anderen sicherlich geläufig. Er ähnelt dem Inhalt von Art. 4, es geht um das Durchhalten und Weitermachen. Hier steht allerdings der „Gewinn“, also das Resultat im Fokus, der Preis den man sich erarbeitet, wenn man eben NICHT aufgibt.
Art. 10
Ich ernte, was ich säe.
„Wenn ich in den Wald „Arschloch“ rein rufe, dann kommt nicht „Zuckerhäschen“ zurück.“
(frei nach Frank Wilde, Motivationstrainer in „Beweg deinen Arsch“)
Wenn ich faul bin, keine Ziele habe, an nichts glaube und mich für nichts interessiere, dann brauche ich mich nicht wundern, wenn mein Leben irgendwann verstrichen erscheint und mich die erste Sinneskrise heimsucht.
Art.10 ist ansonsten selbsterklärend.
Wie ich zu diesen Glaubenssätzen gekommen bin
Und wo kommen die Glaubenssätze nun her? Offensichtlich handelt es sich nicht um Sprüche, die ich mir ausgedacht habe. Einige davon sind Klassiker, man findet sie als Postkarten an der Pinnwand des Kollegen hängen, auf Instagram werden sie unter #sprüchebilder zu tausenden verbreitet. Und das ist auch gut so, denn wenn man schon dabei ist, sich sein Lebensmotto zu erstellen, warum nicht auf Instagram oder auf Postkarten danach suchen? Die ganze Weisheit wird uns also tagtäglich präsentiert, man darf sie nur nicht ignorieren.
Bei mir war es etwas anders. Als ich beschloss, meine 10 Glaubenssätze zu notieren, hatte ich schon einige Jahre Bücher aus dem Bereich „Motivation“, ganz allgemeiner aus der Rubrik „die Macht des Unterbewusstseins“ und auch Business-Ratgeber für Frauen gelesen. Wenn ich lese, dann markiere ich in den Büchern. Ja, tatsächlich. Ich kann ein Sachbuch nicht einfach nur lesen und dann weglegen. Ich markiere wichtige Passagen, mache sie mit Markern und Post-Its deutlich, hin und wieder notiere ich einige Schlüsselsätze noch in meinen Jahresplaner. Als ich meine 10 Glaubenssätze verfasste, schlug ich diese Passagen in mir lieb gewonnenen Ratgebern einfach nach.
Egal, ob man sich nun Zitate aus Filmen notiert, auf Instagram Lebensweisheiten sammelt oder in der Bibel nachschlägt – die eigenen, ganz persönlichen Lebensmottos finden ihren Weg zu einem. Vielleicht sind es mehr als 10 – oder weniger?
Wie viele Lebensmottos braucht man?
Wenn man mich fragt, dann sollten es so viele bzw. wenige sein, wie man sich zutrauen würde, Kinder auf einem Spielplatz zu beaufsichtigen. Ich würde mir zutrauen, maximal 10 Kinder im Blick zu behalten. Mehr nicht.
Und, wie steht es bei Dir?
Wie lauten Deine Glaubenssätze, was könnte der roter Faden sein, der dich in guten, wie auch in schlechten Zeiten begleitet?
Je mehr man sich mit diesen Fragen beschäftigt, umso mehr Spaß macht es, sich sein eigenes Lebensmotto zu kreieren und auch das Erstellen eines Visionsboards hilft, Fragen zu klären und den Anker im Leben zu setzen. Ich wünsche dir viel Spaß dabei.
Love, VIDA.
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