Ist das was Privates, oder beruflich zu verstehen? Geht es dabei um Hobbys, Reisen oder um schlummernde Talente, die endlich eine Bühne brauchen? Was steckt denn nun dahinter?
Das Thema „Selbstverwirklichung“ ist bekannten Bestsellern zu Folge eines, welches Sterbende häufig ansprechen. Und auch bedauern. Nämlich dann, wenn sie meinen, sich nicht selbst verwirklicht zu haben. Also: gehen wir kein Risiko ein! Damit wir eines schönen Tages unsere wohlverdiente Ruhe finden, schauen wir uns das Thema „Selbstverwirklichung“ einmal genauer an.
Das Thema beschäftigt mich seit rund einer Woche akut. Davor war ein gewisses „Gefühl“ unterschwellig vorhanden, eine Art Trieb, auf den ich später noch zu sprechen komme. Kennt ihr dieses „Gefühl“? Wenn euer Unterbewusstsein signalisiert, dass euch irgendetwas beschäftigt und ihr euch morgens beim Aufwachen fragt: „Ist es wieder da?“ Es ist nicht innere Unruhe, mit Traurigkeit oder Müdigkeit auch nicht zu vergleichen. Sondern eher eine Ahnung, dass man mit sich selbst ein klärendes Gespräch führen sollte. Und so bahnte sich in mir, nachdem ich „das Gefühl“ identifiziert hatte, nach und nach das Thema „Selbstverwirklichung“ seinen Weg an die Oberfläche.
Hin und wieder führe ich morgens ein kurzes Dankbarkeitstagebuch. Wirklich unregelmäßig und nur, wenn mir danach ist. Wir haben November und ich notierte unter dem Gedanken, was ich in den verbleibenden 6 Wochen des Jahres noch erreichen möchte unter dem Topic „Selbstverwirklichung“ gewisse Themen. Und während ich auf einem mit Bio-Dinkelspelzen gefüllten Meditationskissen saß, den Krähen beim Landeanflug auf meinen Balkon zusah und zwischendurch in mein Tagebuch spähte, notierte ich mental den Gedanken:
„Was ist denn eigentlich Selbstverwirklichung“?
10 Stunden später und mein Mann versucht das Thema bewusst unkonkret, wie ein Politiker in einer Polit-Talk Runde runterzubrechen à la:
„Selbstverwirklichung. Ja, das ist die schwierigste Kunst von allen. Das, was uns alle umtreibt. Viel Spaß mit deinem Blogartikel. Möchtest du ein paar Salzstangen?„
So sitze ich da. Meine Zunge ist pelzig vom Salz, Durst habe ich auch. Und um die Frage „was bereuen wir eines Tages auf dem Totenbett?“ positiv zu formulieren und einen weiteren Aspekt einzubringen frage ich:
Brauchen wir Selbstverwirklichung, um glücklich zu sein? Oder zumindest erfüllt? Denn Glück ist häufig nur eine temporäre Gefühlserscheinung. Lebensglück, Zufriedenheit oder Erfülltheit beschreiben hingegen eher diesen permanenten, finalen Zustand des Einsseins mit sich und der Welt. Dieses „durchs Leben gleiten, wie durch warme Butter.“ Soft, ohne Widerstand, wohlig mild und zart schmelzend in Geist und Emotionen. Das, wonach wir uns sehnen.
Brauchen wir dafür die Selbstverwirklichung?
Aber, First Things First, was ist Selbstverwirklichung?
Bei der Selbstverwirklichung geht es um das individuelle Bedürfnis, das eigene Potential auszuschöpfen, sich selbst unter der Einbringung von Talent und Neigung zu entfalten.
Träume. Ziele. Es geht auch um Zielerreichung unter Einbringung unserer Talente und persönlichen Eigentümlichkeiten. Auf der Bedürfnispyramide von Maslow steht die Selbstverwirklichung ganz oben an der Spitze, auf Stufe 5.
Nach dieser Begriffsdefinition machen wir es lebhaft und ich halte gerne persönlich dafür her:
Wie einige von euch wissen, hatte ich in meinen 20ern das große Glück, drei Bücher bei einem renommierten Berliner Verlag zu veröffentlichen. Es handelte sich dabei um einen Roman und zwei Sachbücher, die ich unter Pseudonym rausbrachte. Für mich ging damit ein seit meiner Kindheit gehegter Traum in Erfüllung. Endlich Autorin sein und die eigenen Geschichten einem breiten Publikum in Buchform präsentieren!
Ich schrieb also nicht mehr nur für mich im Kämmerlein. Ich hatte plötzlich eine Leserschafft. Ein unglaubliches Gefühl. Nach den drei Büchern widmete ich mich meiner Karriere als Juristin. Ein vernünftiger Schritt. Eine Kopfentscheidung, die bis heute keinesfalls im Widerspruch zu der zweiten Seite in mir steht. Ich liebe es, juristisch tätig zu sein, abzuwägen, Gesetzestexte auf das Leben zu legen und zu schauen, ob der Sachverhalt auf Recht und Gesetz passt, oder ob es nicht doch eine Abweichung gibt. Und gleichzeitig ist die Schreiberei mehr, als ein Hobby. Sie ist Teil meiner Persönlichkeit. Seitdem ich schreiben kann, schreibe ich.
Und so landeten über die letzten 10 Jahre hinweg, neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit als ehem. Anwältin und Juristin weitere, unveröffentlichte Geschichten, Romane, Anekdoten und Fachbeiträge in meiner Autoren-Schublade. Ja, die gibt es wirklich. Manuskripte und Exposés liegen genau dort.
Auf der Lauer.
Denn, in Frieden ruhen lassen kann ich sie nicht. In ganz regelmäßigen Abständen juckt es mich in den Fingern, ich hole sie heraus, überarbeite und versende an Agenturen und Verlage weil ich fest davon überzeugt bin, diese Geschichten (nicht alle, aber vielleicht die Hälfte davon) verdienen es, gelesen zu werden! Es ist eine innere, unumstößliche Wahrheit in mir. Es gibt kein Zweifeln und kein Hadern und so stehe ich, 10 Jahre nach meinen letzten Buchprojekten, als Autorin ohne Verlag da und denke mir:
Das kann es nicht gewesen sein.
Und genau das ist dieses „Gefühl“ welches sich vor rund einer Woche in mir anbahnte und nach einem Deeptalk mit mir selbst verlangte.
Und hier kommen wir zu dem Thema „innerer Trieb“, der ein Zeichen für Selbstverwirklichung sein kann. In mir treibt mich etwas dazu, mehr zu schreiben. Weiterhin den Verlagen und Literaturagenturen auf den Senkel zu gehen. Ich bin selbstverständlich bereit, zu überarbeiten und auch gute Storys über den Haufen zu werfen. Und ich bin nicht bereit, es einfach sein zu lassen!
Das ganze geht mittlerweile so weit, dass ich ernsthaft mit dem Gedanken spiele, einen meiner Romane, der fix und fertig in der Schublade liegt, selbst zu veröffentlichen. Self-Publishing. Und das, obwohl ich jahrelang Verfechterin echter, klassischer Verlagsverträge war!
Selbstverwirklichung. Sieh, wo du mich hingetrieben hast.

Um die eingangs gestellte Frage noch einmal aufzugreifen, ob wir Selbstverwirklichung brauchen, um am Ende unserer Tage rückblickend sagen zu können, uns selbst weiterentwickelt und unsere Talente in die Welt getragen zu haben, so tendiere ich zu JA. Wir brauchen unser Selbst und ein Ziel, auf das dieses Selbst gerichtet sein kann. Dabei muss es sich nicht um ein außergewöhnliches Talent handeln, um ein Hobby oder eine Kunstfertigkeit. Auf das Etikett kommt es weniger an. Entscheidend ist das Gefühl. Dieser innere Trieb, von dem wir gesprochen haben. Sich selbst verwirklichen kann man auch im Job. Wenn es einen zur Arbeit drängt, mit Freude und Elan der Tätigkeit nachgegangen wird, mit der man seinen Lebensunterhalt verdient – auch das kann einen selbst entfalten und man verwirklicht sich und seine Neigungen mit dem Job dann selbst. Oder auch bei der Kindererziehung, Arbeit im Garten, Spaziergängen mit dem Hund. Reisen. Kochen. Kochen lernen. Egal, was es ist.
Wobei fühlen wir uns entfaltet? Gelassen und frei? Wann gleiten wir durch die Stunden, wie durch Butter? Achten wir auf dieses Gefühl. Wann war es zuletzt da? Oder gibt es eine Tätigkeit, zu der wir uns immer wieder hingezogen fühlen? Auf die wir uns freuen? Ein innerer Trieb, der ohne jegliche Anstrengung flüstert und einen wahrnehmen lässt, was wir tun müssen, um eins zu sein. Im Flow zu sein.
Na, gibt es eine Ahnung?
Jetzt, da ich mich mit dem Thema befasst habe, bin ich innerlich ruhiger. Ich weiß, dass die Autoren-Seele in mir mein Teil ist, der darauf achtet, dass ich mich meinen Talenten und Neigungen entsprechend entfalte. Ich (er)lebe mit der Schreiberei meinen Spirit und lasse raus, was an Kreativität in Form von Geschichten in mir steckt.
Irgendwo im Internet habe ich im Zusammenhang mit der Bedürfnispyramide gelesen, dass angeblich nur 2% der Menschheit von sich sagen, sich selbst zu verwirklichen bzw. Selbstverwirklichung zu empfinden. Das möchte ich nicht glauben. Bitte schreibt mir, ob ihr euch selbst verwirklicht, was Selbstverwirklichung für euch bedeutet. Lasst uns einen Kommentar da.
Love, V I D A.
Übrigens:
Die Bedürfnispyramide stellt die These, dass Menschen ihre Bedürfnisse in einer gewissen Reihenfolge befriedigt wissen wollen, um zufrieden zu sein, grafisch dar. Es geht um eine stufenweise Beziehung, also eine Hierarchie menschlicher Bedürfnisse. Sie wird gerne, aber nicht nur, im Bereich Management, Personal, Mitarbeitermotivation, Unternehmensoptimierung, u.a. eingesetzt. Es gibt Stimmen, die behaupten, die grafische Darstellung der Kernaussagen bzw. Hierarchien in einer Pyramide ginge nicht auf Maslow zurück. Die griffige, optische Darstellung sei ihm nur angedichtet worden. Aber das nur btw und als Fun-Fact am Rande, denn sie wird nach wie vor als „Maslows Bedürfnispyramide“ bezeichnet.
Fotos:
Bild 1 (c) Vida Jung; Bild 2, bei einer meiner Lesungen zu meinem ersten Roman. Fotograf(in) unbekannt.