Es gibt Menschen, deren Gegenwart ertragen wir nicht. Wenn wir in ihrer oder seiner Nähe sind, zieht sich alles zu. Wir ertragen weder die Tonlage der Stimme, noch die Körpersprache oder ihre Aura. Was es damit auf sich hat und welche Gedanken du pflegen kannst, um diesen Groll aufzulösen, das verrate ich hier.
Es ist sicher kein schöner Zustand, aber ich habe ihn selbst erlebt und auch beobachtet, so dass mir dieses Thema einen Artikel wert zu sein schien.
Es geht um Menschen, deren Gegenwart wir einfach nicht ertragen.
Wir sind mit diesen Personen an einem Punkt, an dem wir einfach gerne den Raum verlassen möchten, wenn derjenige auftaucht. Die Tonlage der Stimme? Immer schrill, oder zu laut. Das Gedankengut der Person? Hauptsache über sich selbst oder schlimmer, schlecht über andere reden. Die Stimmung? Entweder himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt. Oder bei dieser Person ist immer etwas im Busch, wir trauen ihr nicht (mehr) über den Weg und vermuten hinter jedem Gespräch eine Falle. Müsste man das Gefühl in einem Bild ausdrücken, so empfindet man die Gegenwart der Person als graue Aschewolke, die uns einhüllt, die sich von oben immer dichter zuzieht und uns die Luft zum Atmen nimmt. Sie nimmt den Glanz, sie saugt die Leichtigkeit des Tages aus dem Raum.
Was ist passiert?
In der Regel haben diese Gefühle eine Vorgeschichte. Gerade im beruflichen Bereich habe ich es oft erlebt, dass Menschen bis zu einem gewissen Punkt gut miteinander ausgekommen sind, vielleicht sogar gute Kollegen mit einer gewissen Vertrauensbasis waren. Manchmal aber auch nicht. In den selteneren Fällen kennen wir die Person, gegen die wir einen Groll hegen, gar nicht wirklich. Es ist eher eine Intention, eine Ahnung, dass einem die Gegenwart dieser Person nicht gut tut.
Im ersteren Fall steckt eine Geschichte dahinter. Verletztes Vertrauen? Unerfüllte Erwartungen, Hoffnungen?
Bei einem guten Freund von mir hatte sich folgendes zugetragen: mein guter Freund führt erfolgreich einen kleinen Handel im Import- und Export italienischer Feinkost und Lederaccessoires. Die Geschäfte laufen gut, mittlerweile sind 20 Angestellte für ihn tätig, in der Regel sind es Logistiker. Um das Büroteam aufzustocken, suchte er bereits Ende 2018 händeringend nach Unterstützung im Office. Zahlreiche Versuche, die Stelle zu besetzen, waren bereits gescheitert. Endlich schien die Suche beendet, als sich eine selbstbewusste, engagierte, Mittdreißigerin um die Stelle bewarb. Die Dame sprach vier Sprachen, hatte bereits Erfahrung in der Branche und man war sich sofort einig: irgendwie fühlte sich das Vorstellungsgespräch so an, als würde man sich schon länger kennen. Als gehöre sie bereits „zur Familie“. Natürlich wurde die Bewerberin, nennen wir sie Anisa, auch eingestellt. So verliefen die ersten Wochen in beiderseitigem Freudentaumel. Anisa erschien freudestrahlend zur Arbeit, die Kunden waren von ihrer Fröhlichkeit begeistert, das Büro schien in guten Händen. Bis Anisa zum ersten Mal mehrere Wochen krankheitsbedingt ausfiel. Und nach ihrer Genesung erschien sie auch nicht zur Weihnachtsfeier ihres Arbeitgebers. Und so reihte sich eine „Situation“ an die nächste, die irgendwie komisch war. In meinem Freund hatte sich längst ein Keim des Misstrauens entwickelt. Noch konnte er ihn nicht greifen, nicht gut erkennen, aber die Situation mit Anisa belastete ihn sehr. Als wir zusammen im Großmarkt nach Weihnachtsgeschenken für seine Kunden Ausschau hielten, hakte ich genauer nach:
„Um ehrlich zu sein, ich verstehe deinen Unmut nicht. Du läufst rum, wie sieben Tage Regenwetter, nur, weil was? Weil du so ein Gefühl hast? Was hat sie sich denn tatsächlich zu Schulden kommen lassen?“
„Ich habe ihr immer gesagt, dass es mir wirklich wichtig ist, diesen Platz im Büro mit einer Konstanten zu besetzen. Mit einer Person, an die sich unsere Kunden vertrauensvoll wenden können und die auch stressbelastbar ist. Allein in diesem Jahr hat sie schon 30 Krankentage zusammen. Es mag Zufall sein, dass sie oft Montags und Freitags krank ist. Es mag gesundheitlich ein schlechtes Jahr für sie gewesen sein. Sie ist eigentlich permanent erkältet oder hat Rücken oder, oder, oder. Es mag alles sein. Aber warum schleicht sie durch die Räume, als müsse sie getröstet werden? Warum kommt sie zu keinem unserer Teamevents? Warum will sie plötzlich nur noch halbtags arbeiten? Warum fragt sie nach zusätzlichen Urlaubstagen für das nächste Jahr und nach einem Stellplatz für ihr Kfz? Wir hatten doch über alle Details geredet. Irgendetwas stimmt da nicht…“
Mein Freund hatte das Vertrauen in Anisa als zuverlässige Arbeitskraft bereits verloren. Der Freudentaumel der ersten Arbeitgeberverliebtheit hatte sich in ein misstrauisches, enttäuschtes Nebeneinander entwickelt. Ob berechtigt oder unberechtigt, spielte für seine Gefühle keine Rolle. Er fühlte sich mittlerweile in ihrer Gegenwart so unwohl, dass er sich viel in seinem eigenen Büro aufhielt und Rücksprachen lieber über eines der anderen Teammitglieder führte. Er ertrage ihre Art einfach nicht mehr, sagte er.
Verletztes Vertrauen und andere Gefühle
Oft stecken verletztes Vertrauen und unerfüllte Hoffnungen hinter diesen unguten Gefühlen. Wir haben uns die Sache anders vorgestellt. Oder die Person wandelt sich aufgrund persönlicher Umstände und Schicksalsschläge (Krankheit, Tod, Existenzängste, Partnerschaft) in eine Richtung, mit der wir nicht umzugehen wissen. Wir kennen diese Person „so“ nicht und wollen sie „so“ auch nicht um uns haben.
Nur was ist die Lösung? Sich von allen Menschen auf der Erde fernhalten? Selbst eine Schutzmauer errichten? Sein eigenes Herz verhärten lassen und miesepetrig durch die Gegend laufen? Den Ärger an anderen auslassen?
Das Herz darf nicht verhärten
Das kann nicht die Lösung sein. Also brauchen wir einen guten Gedanken, einen Lichtblick, der uns aus unserer Gedankenwolke herausholt. Ein solcher Gedanke ist mir zuletzt in einem Roman über den Weg gelaufen, einem skandinavischen Krimi. Das Buch hat mich wirklich gequält, unzählige Handlungsstränge, viel zu viele Personen und Charaktere, denen Namen alle gleich klangen – aber ich habe es durchgezogen und es war die Mühe wert, denn ansonsten wäre mir folgender Satz nicht begegnet:
„Es hat einen Grund, weshalb du mir über den Weg gelaufen bist.“
So klar, so schlicht, so erlösend.
Warum sind wir beide uns begegnet?
Damit ich noch frühzeitiger darauf achte, welche Signale ich empfange.
Damit ich nicht so werde, wie du.
Damit ich eine bessere Version meiner selbst werde.
Damit ich erlebe, wie es sich anfühlt, wenn ….
Damit ich mehr Mitgefühl zeige.
Damit ich meine eigenen Bedürfnisse klarer artikuliere.
Damit ich mich in Zukunft nicht auf XYZ einlasse.
Damit ich in Zukunft nicht XYZ mit mir machen lasse.
Damit ich weiß, welche meine schlechtesten Seiten an mir sind, denn du hast sie aus mir herausgeholt.
Damit ich weiß, wie ich niemals sein/sprechen/handeln will.
Damit ich die anderen Menschen um mich herum noch liebevoller behandele und wertschätze.
Damit ich lerne: ich bin nicht unfehlbar.
Damit ich weiß: so nie wieder.
Erst denken, dann dankbar sein
Die Liste ließe sich fortführen. Jeder muss sich selbst fragen, welchen Sinn die Begegnungen mit einzelnen Menschen haben können.
Was soll mir die Begegnung zeigen?
Sobald dieser Schritt gedanklich gemacht ist, geht es darum, den Gedanken in ein Gefühl umzuwandeln. Das ist wichtig, um den Groll, den wir gegen diese Person hegen, auch wirklich aufzulösen. Und das größte Gefühl, das man haben kann, um Groll, Ängste, Neid oder Pessimismus aufzulösen, ist Dankbarkeit.
Wenn du dankbar dafür bist, dass du aus dieser Begegnung lernen kannst, dann löst sich der Groll von alleine auf.
Folgende Affirmation kann dir dabei helfen. Wenn du merkst, dass sich in dir der Knoten bildet, weil du mit dieser Person Zeit verbringen musst, dann sage dir:
„Danke, dass du mir über den Weg gelaufen bist. Ich bin dankbar für unsere Begegnung, denn sie hat mir gezeigt, dass ….“
Sage dir in Gedanken, was du aus der Begegnung gelernt hast. Sei dankbar für diese Erfahrung, denn sie bringt dich in deinem Leben auf jeden Fall weiter. Du hast einen Lerneffekt erzielt und diese Person hat dir dabei geholfen.
Es mag anstrengend gewesen sein. Vielleicht ist es das immer noch. Entweder findest du einen Weg, in Dankbarkeit für die Lektion mit dieser Person zusammen zu sein, oder du findest eine Möglichkeit, euren gemeinsamen Weg zu verlassen.
Am Ende zählt die Lektion
Verlasse den Weg oder sei dankbar für die Lektion.
Nur, sieh zu, dass dein Herz sich nicht verhärtet. Das wünsche ich dir an dieser Stelle.
Love, VIDA.