Klare Kante zeigen und dabei trotzdem freundlich bleiben? Geht das überhaupt? Wie sich harmoniebedürftige Menschen durchzusetzen, ohne dabei das Gesicht zu verlieren. Und wie Frauen ihren Standpunkt klarmachen, ohne dabei in die „Zickenfalle“ zu tappen, davon handelt dieser Blogpost.

Vielleicht geht es Ihnen, wie mir: ich lebe gerne in Harmonie. Unstimmigkeiten mag ich weder im Privatleben, noch im Job. Konflikten gehe ich zwar nicht aus dem Weg, ich kläre sie gerne unverzüglich, kurz und knackig. Danach muss bitte wieder die Sonne scheinen, sonst wabert das Thema noch immer im Raume hin und her, unnötig und belastend, wie ich finde.
Nun ist es so, dass harmoniebedürftige Menschen trotz ihrer grundsätzlichen Neigung zu Friede, Freude, Eierkuchen auch irgendwann in ihrem Leben an den Punkt gelangen, an dem es nicht „nur“ einen bereits aufgekommenen Konflikt zu lösen gilt, nein. Es geht im Leben auch vielfach darum, sich durchzusetzen, konsequent zu sein, klare Kante zu zeigen. Hiervor schrecken insbesondere die harmoniebedürftigen Typen gerne zurück, denn die Konsequenzen, die sie bei einem stringenten Auftreten befürchten, müssen zuerst durchdacht und abgewogen werden. Immerhin könnte es ja passieren, dass einen die Kollegen nicht mehr mögen. Oder die große Schwester ist sauer, wenn man bei seiner Meinung bleibt. Oder die eigenen Kinder könnten einen meiden, wenn man seinen Standpunkt klar vertritt.
Aussitzen ist keine Lösung!
All diese Bedenken sind verständlich, denn der harmoniebedürftige Typ möchte nicht in einem Szenario leben, indem das eigene konsequente Verhalten weitere Unstimmigkeiten hervorruft. Für diesen Typus Mensch ist das purer Stress! Also heißt es oft, dem Stress lieber aus dem Weg gehen, die eigene Meinung zurückhalten, bloß keinen Ärger provozieren.
Dieser Weg ist allerdings niemandem zu empfehlen, auch nicht den harmoniebedürftigen Menschen unter uns.
Denn was passiert, wenn der eigene Standpunkt zu oft zurückgehalten wird? Wenn wir auf Dauer nicht in der Lage sind, ein konsequentes Auftreten an den Tag zu legen?
Unser Selbstbewusstsein kann einen beträchtlichen Schaden davontragen. Unser Ansehen kann darunter leiden. Die Karriere. Kinder, Geschwister und unsere Eltern könnten uns irgendwann auf der Nase herumtanzen. Den eigenen Standpunkt nicht klar machen zu können, kann auf Dauer zu einer seelischen Belastung werden, die sich nicht selten in körperlichen Stressreaktionen zeigt. Wer seine Meinung und damit auch seine Gefühle dauerhaft unterdrückt, wird irgendwann auf anderem Wege von ihnen eingeholt.
Das muss nicht sein! Denn die gute Nachricht lautet:
„Freundlich-konsequent.“
Welch ein Schlüsselwort – „freundlich-konsequent“. Ich habe es bei der Lektüre des Buches „Lean In“ aufgeschnappt, in dem Sheryl Sandberg wertvolle Tipps und Tricks für Frauen in der Arbeitswelt gibt. Das Wort hat mich sofort an mich selbst erinnert, denn ich habe in der Vergangenheit oft nach einer greifbaren Lösung gesucht, die ein konsequentes Auftreten ermöglicht, ohne dass Frau gleich als Furie oder Ziege abgestempelt wird.
Emotionen zeigen, konsequent bleiben = Zicke?
Ja, es ist noch immer so, sehen wir der Realität ins Auge! Frauen, die ihre Meinung vertreten und dabei eventuell etwas lauter, direkter, vehementer werden, denen der Hals rot anläuft oder die ganz allgemeinen Emotionen zeigen, haben sich gemeinhin nicht „unter Kontrolle“. Sie werden schnell als „Zicken“ abgestempelt oder als nicht belastbar oder überfordert betitelt.
Völlig zu Unrecht. Denn nur, weil jemand körperliche Reaktionen zeigt, wenn er seine Meinung vertritt, heißt das noch lange nicht, dass dies ein Zeichen für Überforderung wäre. Manchmal ist es situationsbedingt erforderlich, Emotionen zu zeigen. Etwa, wenn einem ein Thema besonders wichtig ist. Und manchmal ist es auch wichtig, seinen eigenen Standpunkt nachhaltig zu vertreten. Nicht, weil man nicht umgänglich wäre oder weil man nicht in der Lage ist, ein „Nein“ zu akzeptieren. Sondern weil man auch für sich selbst einstehen und sein Gesicht wahren muss.
Nur, die Wahrheit ist die: in den Situationen, in denen es darum geht, Klartext zu reden, haben wir keine Zeit um all das zu erklären. Oft ergeben sich Situationen innerhalb von Sekunden. Schwingungen gehen hin und her, man muss zu oft schnell reagieren. Hier kann es hilfreich sein, sich selbst eine Strategie zu überlegen, wie man freundlich und dennoch konsequent auftritt, ohne in die Fallen „Zicke“ „Sauertopf“ oder „Anti“ zu tappen. Denn diese Fallen gibt es, wir werden sie so schnell nicht aus der Welt bekommen! Lieber taktisch drum herum manövrieren und sich selbst in ein gutes und dennoch gefestigtes Licht stellen, oder?
Ich sehe mich selbst nicht gerne in der Rolle eines Sauertopfes, eines Unruhestifters oder Widersprechers. Nichtsdestotrotz ist und war es für mein berufliches Vorankommen immens wichtig, dass ich lerne, meine Meinung zu vertreten. Und zwar ohne das Gesicht zu verlieren. Ohne laut werden zu müssen. Ohne als Zicke abgestempelt zu werden.
Der Schlüsselbegriff „freundlich-konsequent“ hat mir hierbei die Augen geöffnet, eine Strategie zu entwickeln, um all den zuvor benannten Fallen zu entweichen.
So entgehen Sie der Zicken-Falle
In seiner Anwendung ist er recht simpel. Freundlich-konsequent zu sein bedeutet, ein paar passende, rhetorische Kniffe bereit zu halten, diese notfalls auswendig zu lernen (siehe auch den Blogpost zum Thema „Schlagfertigkeit“) und im richtigen Moment mit klarer und fester Stimme aus dem Hut zu zaubern.
Solche Schlüsselsätze können lauten:
„Selbstverständlich verstehe ich deinen Standpunkt. Und mir ist es wichtig, ….“
„Ja, das kann man so sehen. Und außerdem …“
„Ja, und gerade deshalb ist es mir jetzt wichtig….“
„Nein, da habe ich ganz andere Erfahrungen gemacht.“
„Nein, das muss ich entschieden zurückweisen.“
„Das sehe ich auch so! Nichts desto trotz ….“
„Das mag sein. Mir ist außerdem aufgefallen, dass …“
Erkennen Sie den rhetorischen Kniff? Es fehlt in diesen Sätzen das äußerst beliebte Wort „ABER“- diese Sätze kommen vollständig ohne aus! Denn mit dem Wort „aber“ baut man immer einen Konfrontationskurs auf. Man geht in eine Abwehrhaltung, möchte entgegnen und klarstellen. Genau das sind die Situaionen, in denen sich Meinungen verhärten, man gerne mit Totschlagargumenten oder Floskeln wie „Zicke“ oder „Anti“ abgestempelt wird.
Um konsequent-freundlich aufzutreten lautet daher meine Empfehlung: streichen Sie das Wort ABER aus Ihrem Wortschatz. Das kostet wahnsinnig viel Mühe und Übung. Auch ich ertappe mich regelmäßig dabei, in einer Diskussion nach dem Wort zu greifen. Wenn ich mich dabei ertappe, denke ich sofort an die obenstehenden Floskeln. Glauben Sie mir: diese Sätze wenden jedes Blatt, sie besänftigen verschärfte Situationen und stellen SIE in ein gutes und dennoch konsequentes Licht.
Ich habe einige dieser Sätze ausgedruckt unter meine Schreibtischunterlage geschoben, zudem schaue ich sie regelmäßig durch, um im „Training“ zu bleiben. Übung ist hier sehr wichtig, man muss am Ball bleiben.
Seine Meinung zu vertreten, ohne sich selbst Steine in den Weg zu legen, ist nicht leicht. Aber es kann erlernt werden. Werkzeugkasten auf – „Konsequent-freundlich“ auspacken und schon geht vieles sehr viel leichter.
Welche Erfahrungen habt ihr mit diesem Thema gemacht? Habt ihr einen persönlichen Lieblingssatz??? Lasst gerne einen Kommentar da!
Love, VIDA